Faktencheck: Mindestlohn

Der Bundestag hat am 3. Juni 2022 die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro ab dem 1. Oktober beschlossen.

09.06.2022

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger warf der Regierung einen Vertrauensbruch vor, weil die Koalition mit der Festlegung der Lohnuntergrenze die Mindestlohn-Kommission von Gewerkschaften und Arbeitgebern aushebele. Auch aus Sicht des Gesamtverbandes textil+mode ist es nicht Sache des Staates, sich in die Lohnfindung einzumischen. Dies ist ureigenste Aufgabe von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, was t+m auch Bundesminister Heil und den Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag brieflich dargelegt hat.

 

Lohnfindung ist Sache der Tarifpartner

In Deutschland ist die Tarifautonomie grundgesetzlich geschützt (Art. 9 Abs. 3 GG). Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände können gemeinsam mit den Gewerkschaften in Tarifverträgen Arbeitsbedingungen festlegen. Dies geschieht ohne staatliche Einflussnahme. Die Tarifvertragsparteien kennen ihre Branche am besten und können auf diesem Wege passgenaue Lösungen treffen. In Deutschland ist die Tarifautonomie zu einer tragenden Säule der Sozialen Marktwirtschaft geworden. Der Gesetzgeber greift mit seiner Erhöhung eklatant in die Lohnfindung und in die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie ein.

 

Bestehende Tarifverträge werden missachtet

Tarifverträge werden durch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelt. Beide Seiten versuchen in Verhandlungen tragfähige Kompromisse zu finden. Durch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes durch den Staat wird in mindestens 125 Tarifverträge eingegriffen.

 

Mindestlohnkommission wird ausgehebelt

Im Mindestlohngesetz ist festgelegt, dass die Mindestlohnkommission, u.a. bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, über die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohnes entscheidet. Die Kommission soll in einer Gesamtabwägung prüfen, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Bei ihren Empfehlungen orientiert sich die Mindestlohnkommission nachlaufend an der Tarifentwicklung. Durch die anstehende Erhöhung wird die Arbeit der Mindestlohnkommission ausgehebelt und missachtet.

 

Mindestlohn wird zum Spielball der Politik

Bereits im vergangenen Bundestagswahlkampf wurden unterschiedliche Höhen für einen staatlich festgelegten, gesetzlichen Mindestlohn eingebracht. Es besteht die Gefahr, dass der gesetzliche Mindestlohn auch zukünftig im Wahlkampf genutzt wird, was zu einem Überbietungswettbewerb der Parteien führen kann.